Gerammelt voll das Wartezimmer! Mein erster Arztbesuch in Meidling. Ärztin für Allgemeinmedizin. Riesengroßer Gemeindebaukomplex. Erst jetzt bekommt der Ausdruck Gemeindebau für mich seine echten Dimensionen- beim „Hierher finden“. Die Adresse ist ja noch harmlos, die klassische Hausnummer 1, du denkst dir gar nichts. Doch dann stehst du vor dem Eingangsportal, Made 1949:
19 Stiegenaufgänge, je zwei Treppen links und rechts weggehend, über fünf Stockwerke. Für Salzburger: Es ist ungefähr so, wie wenn du in Lehen beim Interspar in das Gebäude gehst und dann beim Müllner-Bräustübel in Saal 4 wieder rauskommst.
Aber ich bin fündig geworden.
Die Schlange steht bis auf den Gang hinaus. Zwei Wohnungen, über den Flur muss man zwischen den Behandlungs-räumen 1 und 2 wechseln, wenigstens die Ärztin braucht nicht die Wohnungen zu wechseln. In der Ecke der „Anmeldungswohnung" pickt ein alter Türke, erst als ich neben ihm Platz nehme, merke ich, dass er am Tropf hängt - im Wartezimmer, wir schwant Übles. Er hat die Augen ganz verdreht und kurz frage ich mich, ob er noch lebt.
Ein österreichisches Babyface schaukelt ihr Baby auf ihrem linken 95Kilo-Oberschenkel. Ihr rechter OS dürfte knapp 90 auf die Waage bringen, weil er ca. drei Zentimeter kürzer ist. Ich starre auf die Einlagen des rechten Schuhs, die sie neben der kreischroten Pennymark-Tasche stehen hat. Die Zechen sind nackert und ebenfalls kreischend-rot. Ich kann mich nicht richtig abwenden. Ich fühle mich an Zeiten erinnert, wie wir als Kinder in Yugoslawien mit einem fetten, toten, an den Strand gespülten Oktopus spielten, und es stellt mit sanft die Nackenhaare auf. Der Türke grunzt unruhig und genau in dem Augenblick kommt Frau Doktor aus dem Behandlungszimmer um ihn vom Tropf zu nehmen. Perfektes Timing! Eine Erscheinung: In den 50ern, mit Turmfrisur aus den 50ern, blaues Strickjopperl, knallenge Jeans, 1, 85 Meter groß, stelzt sie auf mich zu. Ein joviales „Grüßeuch“ von einem gewinnenden Lächeln unterstützt, begleitet sie.
Als sie dann dem Alten mit einer zärtlichen Geste die wirren verschwitzen Haare aus dem Gesicht streift und ihn im fließendem Türkisch anspricht, nebenbei der alten Dame auf ungarisch eine Frage nach einem Medikament beantwortet und mir noch ein bezauberndes Extralächeln schenkt, weiß ich, dass ich richtig bin.
Ich hab wieder eine Hausärztin!
19 Stiegenaufgänge, je zwei Treppen links und rechts weggehend, über fünf Stockwerke. Für Salzburger: Es ist ungefähr so, wie wenn du in Lehen beim Interspar in das Gebäude gehst und dann beim Müllner-Bräustübel in Saal 4 wieder rauskommst.

Aber ich bin fündig geworden.
Die Schlange steht bis auf den Gang hinaus. Zwei Wohnungen, über den Flur muss man zwischen den Behandlungs-räumen 1 und 2 wechseln, wenigstens die Ärztin braucht nicht die Wohnungen zu wechseln. In der Ecke der „Anmeldungswohnung" pickt ein alter Türke, erst als ich neben ihm Platz nehme, merke ich, dass er am Tropf hängt - im Wartezimmer, wir schwant Übles. Er hat die Augen ganz verdreht und kurz frage ich mich, ob er noch lebt.

Als sie dann dem Alten mit einer zärtlichen Geste die wirren verschwitzen Haare aus dem Gesicht streift und ihn im fließendem Türkisch anspricht, nebenbei der alten Dame auf ungarisch eine Frage nach einem Medikament beantwortet und mir noch ein bezauberndes Extralächeln schenkt, weiß ich, dass ich richtig bin.
Ich hab wieder eine Hausärztin!
bluevelvet001 - am Donnerstag, 16. März 2006, 13:35
lemi meinte am 07:32:
Liebeserklärung
Schön, daß Du wieder was gewonnen hast. Mir geht schon eine Zeit lang was ab: Mir wurde schon ewig lange keine Bürotüre mehr ausgehängt, niemand nuckelt in meiner Büroecke am Daumen, meine Topfentatscherl sind nicht mehr im Flöcknerpapierl zerküllt in der Kaffeetasse und Beziehungsgeschichten muß ich mir jetzt selbst erzählen. Wenn mir nach "es wird Zeit eine Stange Shit in die Ecke zu stellen" ist muß ich das jetzt wirklich am Klo tun und nicht im Nebenbüro von Deinen manchmal faszinierten und manchmal mitleidigen Blicken begleitet.
Jaja, dem Neuen eine Chance, ich weiß, ich weiß...aber die hat er eh....er ist halt anders, anders verrückt und durchgeknallt und schräg und das fehlt.
Das war jetzt wohl eine Liebeserklärung - aber des hats no braucht zum Abschluß. Liebe Grüße an die Ärztin, ich schau mal auf ein Jaukerl und ein Lächeln vorbei.