Farbe hat der gesamte Trakt zum letzten mal in den 70er Jahren gesehen. Die Türen wirken noch schmutziger als die Wände. Das gesprenkelte Mausgrau der Steinböden passt glänzend zu den Zahnbelagsfarben der Flure und Hallen. Es riecht nach 3-Bohnen Kaffee(wasser) und aufgebackenen Halbfertigbrötchen. Die Aktentaschen unter den Armen der vorbei Schlurfenden sind so abgewetzt wie die Sesselbezüge in den Büros. Auf einem dieser „Sitzzustände“ - „-gelegenheiten“ wäre glatt übertrieben, nehme ich vorsichtig Platz. Die Rechtspflegerin überrascht mit ihrem frischen Wesen und ihrem noch frischeren Atem. Pfefferminz pur strömt mir entgegen und sogar ein Lächeln ist drin. Der schmallippige Mund deutet eher auf eine harte Verhandlerin, und ich stelle sie mir sogleich in einem schwierigen Streitgespräch vor. Ihre Auskünfte sind kompetent, sachlich und überaus freundlich erklärt. Woran lag es also, dass sich der Ring, der sich um mein Herz geklammert hat erst löste, als ich die abgefuckten Hallen der Iustitia wieder verlassen hatte? Ich tippe auf die hässliche Einrichtung und liege garantiert verkehrt!
bluevelvet001 - am Dienstag, 15. Juni 2004, 11:27