Von der Welle des einseitigen, einsamen und unheilvollen Vertrauens in den Rat ihrer Freundin getragen, hat sie es endlich gewagt und die Anzeige erstattet. Nun marschiert sie los, die ungeschmückten, kalkweißen Gänge des Gerichtgebäudes überwindend, auf dem Weg in den Verhandlungssaal, um ihn an den Pranger zu stellen, ihn richten zu lassen, ihm einen Teil „davon“ zurückzugeben, von dem, was er ihr über fast zwei Jahrzehnte lang angetan hat; die Schmerzen, die Demütigung, die Angst, die Schuld, die Scham soll er zu spüren bekommen, mit jeder Zelle seines verhassten Körpers. Die Wunden, die er ihr zugefügt hat, werden nie mehr ganz verheilen, immer wenn ein Mann sie berührt, wird eine von ihnen wieder aufbrechen, zu bluten beginnen, pulsieren wird ihr Herz in dieser Wunde, die Erinnerung wird wiederkommen, unvermeidlich - sie hat ein glänzend funktionierendes Gedächtnis - das Blut wird warm ihre Schenkel hinab rinnen, jeder Tropfen wird ein schauerliches Geräusch auf den steinverkleideten Gängen ihres Hirns hinterlassen, hundertfach verstärkt, durch die unheimliche Stille des angstvollen, duldenden Schweigens in der Vergangenheit. Die Stille hat ein Vakuum erzeugt in ihrem Kopf, ein Vakuum der vorübergehenden Sicherheit, so wurde sie unempfindlich gegen die Schmerzen, in den hässlichsten Momenten ihrer Qual, ein Vakuum, in das sie sich sehr oft geflüchtet hat. Diese lähmende Stille ist es, die jetzt erstmals unterbrochen werden soll; er auf dem Weg zu seinem Richter, der Recht sprechen wird, männliches Recht, sagen ihr die Frauen der Schutzeinrichtung, an die sie sich gewandt hat, doch kann auch dieser Richter nicht vorbeisehen an den unzähligen Narben und Verstümmelungen, die er ihr im Namen der ehelichen Gemeinschaft und der damit verbundenen Rechte und Pflichten verpasst hat – sagen sie...
Der Richter wird es nicht wagen, ein weiteres Schandurteil zu sprechen, er steht im Scheinwerferlicht des Schauprozesses, der allgemeinen Aufmerksamkeit, des öffentlichen Interesses. Er wird es nicht wagen - sagen sie...
Alleine steht sie jetzt – keine Freundin, keine Sozialarbeiterin, kein Familienmitglied ist da - an den Türstock gelehnt, ihr Blick in banger Erwartung auf den Richter fixiert. Der fiebrige, Gerechtigkeit erwartende Glanz in ihren Augen verschwindet sofort, als sie das Urteil hört, „zwölf Monate bedingt“, mit der Auflage, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, bei einem Strafrahmen von maximal fünf Jahren, wie ihr die Juristin erklärt hat. Er marschiert an ihr vorbei, das triumphierende Lächeln gut getarnt, doch sie kennt alle Züge seines Gesichtes, sie sieht es, die böse Fratze, und spürt die kommenden Schläge, denn er wird noch heute den Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Und wenn er vor ihrer Türe steht, wird sie ihn hereinlassen – keinen Widerstand leisten, es wird schlimm werden, denn er wird sich rächen wollen, doch sie hat ja die Stille und das Vakuum...und eine gute Freundin.
Der Richter wird es nicht wagen, ein weiteres Schandurteil zu sprechen, er steht im Scheinwerferlicht des Schauprozesses, der allgemeinen Aufmerksamkeit, des öffentlichen Interesses. Er wird es nicht wagen - sagen sie...
Alleine steht sie jetzt – keine Freundin, keine Sozialarbeiterin, kein Familienmitglied ist da - an den Türstock gelehnt, ihr Blick in banger Erwartung auf den Richter fixiert. Der fiebrige, Gerechtigkeit erwartende Glanz in ihren Augen verschwindet sofort, als sie das Urteil hört, „zwölf Monate bedingt“, mit der Auflage, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, bei einem Strafrahmen von maximal fünf Jahren, wie ihr die Juristin erklärt hat. Er marschiert an ihr vorbei, das triumphierende Lächeln gut getarnt, doch sie kennt alle Züge seines Gesichtes, sie sieht es, die böse Fratze, und spürt die kommenden Schläge, denn er wird noch heute den Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Und wenn er vor ihrer Türe steht, wird sie ihn hereinlassen – keinen Widerstand leisten, es wird schlimm werden, denn er wird sich rächen wollen, doch sie hat ja die Stille und das Vakuum...und eine gute Freundin.
bluevelvet001 - am Freitag, 29. April 2005, 15:45
sunflower meinte am 10:34:
was ist das? eine aufforderung, nicht auf die freundin zu hören, ihn nicht anzuzeigen? eine aufforderung, hinzunehmen, was anscheinend nicht zu ändern ist???
bluevelvet001 antwortete am 12:05:
Im Grunde ist es ihre Sache, was sie daraus machen. Wenn sie eine Aufforderung in dem Posting erkennen, lassen sie mich wissen wo - sowas versuche ich nämlich zu vermeiden. Ich bin verantwortlich, für das, was ich schreibe, nicht dafür, was sie interpretieren. Liebe Grüße - bluevelvet
sunflower antwortete am 14:35:
vielleicht ist aufforderung das falsche wort, aber für mich sagt der text aus: "es hat keinen sinn, etwas zu unternehmen, er sitzt ohnehin am längeren ast... "klar ist das meine interpretation. wollte nur wissen, wie es gemeint ist. nix für ungut!
bluevelvet001 antwortete am 19:45:
Liebe sunflower!Da war nix "ungut":-)!
Ihre Interpretation ist absolut zulässig!
Es freut mich, wenn ich feedback bekomme. Mein Fokus lag jedoch auf der Tatsache, das das Opfer im entscheidenden Moment immer auf sich allein gestellt bleibt, die Helfer im Endeffekt hilflos sind.